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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.01.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 20/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 273 | |
BGB § 273 Abs. 1 | |
ZPO § 256 | |
ZPO § 256 Abs. 1 |
Aktenzeichen: 6 Sa 20/06
Entscheidung vom 05.01.2006
Tenor:
1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 01.04.2005 - AZ: 7 Ca 3516/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen (Feststellungsantrag zu 2).
2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vom 23.12.2004 ihren Arbeitgeber auf Zahlung von Gehältern für den Zeitraum 22.10. bis Ende November 2004 aus Annahmeverzugsgesichtspunkten in Anspruch genommen und eine Entschädigung und ein Schmerzensgeld wegen an ihr vorgenommener Mobbinghandlungen gefordert. Daneben hat sie in dem Antrag zu 2), welcher in der Berufungsinstanz neu gefasst wurde, die Feststellung begehrt, dass ab 22.10.2004 der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung zustehe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, woraufhin Berufung form- und fristgerecht eingelegt wurde, welche mit Schreiben vom 28.07.2005 begründet und mit Schreiben vom 17.11.2005 auf weitere Beklagte ausgedehnt worden ist.
Die Berufungskammer hat durch Beschluss vom 05.01.2006 von dem Verfahren 6 Sa 522/05 den Klageantrag zu 3) abgetrennt, welcher im vorliegenden Verfahren - AZ: 6 Sa 20/06 - als selbständiges Verfahren geführt wird.
Die Klägerin hat ihren Zurückbehaltungsanspruch bezüglich ihrer Arbeitsleistung, welcher erstinstanzlich sprachlich verunglückt in Ziffer 2) der Klage formuliert war, damit begründet, dass Grund für die Zurückbehaltung ihrer Arbeitskraft massives Mobbing zweier Vorgesetzer sei, nämlich des Geschäftsführers der Beklagten des Abteilungsleiters sowie einer Arbeitskollegin, was dazu führe, dass sie ihre Arbeitsleistung bei Fortbestand des Vergütungsanspruches nicht zu erbringen brauche.
Ausnahmsweise sei wegen des erlittenen Mobbingsgeschehens auch eine androhungslose Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes zulässig, weil in ihrem Falle der Geschäftsführer das den Arbeitgeber repräsentierende Organ selbst mobbe. Ein Rechtschutzbedürfnis für den Klageantrag zu 3) laut Schreiben vom 17.11.2005sei gegeben, weil zu befürchten sei, dass künftig neue Rechtsstreite darüber geführt werden müssten, weil etwa die Beklagte zu 1) auf die Idee kommen könnte, der Klägerin wegen dauerhaftem Nichterscheinen am Arbeitsplatz zu kündigen oder bei Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit die Lohnfortzahlung zu verweigern. Das Streitpotential des Zurückbehaltungsrechtes erschöpfe sich also nicht in dem Status einer im vorliegenden Zahlungsantrag zur entscheidenden Vorfrage.
Die Klägerin beantragt,
gegenüber der Beklagten zu 1) wird festgestellt, dass der Klägerin ab dem 22.10.2004 ein Zurückbehaltungsrecht ihrer Arbeitsleistung zusteht.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 01.04.2005 - AZ: 7 Ca 3516/04 - zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit, dass ein derartiger Anspruch deshalb nicht begründet sei, weil Mobbinghandlungen nicht vorgelegen hätten.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Schriftsätze der Parteien, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind nebst deren Anlagen ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 20-24 d. A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt worden, jedoch deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht den Feststellungsantrag, bisheriger Klageantrag zu 2) der Klage vom 23.12.2004, abgewiesen hat.
Für die Entscheidung der Berufungskammer kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich Handlungen gegenüber der Klägerin verübt wurden, die sich unter dem Begriff des Mobbings fassen lassen oder nicht, weil es für die Entscheidung in diesem Verfahren hierauf nicht ankommt.
Die Klägerin hat eine isolierte Feststellungsklage erhoben, um feststellen zu lassen, dass ihr gegenüber der Beklagten zu 1), ihrem Vertragsarbeitgeber, ab dem 22.10.2004 hinaus ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich ihrer Arbeitsleistung zusteht, beruft sich also auf § 273 BGB. Selbst dann, wenn unterstellt werden könnte, dass die Voraussetzungen des § 273 Abs. 1 BGB erfüllt sind, weil auch die Verletzung von Nebenpflichten generell den betreffenden Vertragspartner zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes berechtigen können, so darf doch nicht verkannt werden, dass nach § 256 Abs. 1 ZPO Gegenstand einer Feststellungsklage nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein kann, von der hier nicht in Betracht kommenden Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde. Unter einem Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zur anderen Person oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Der Annahmeverzug ist aber, wie auch der Schuldnerverzug lediglich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist selbst kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden kann.
In der eingereichten Klage war ab dem Zeitraum, ab dem die Klägerin ihre Arbeitsleistung zurückhält, Lohn bis Ende November eingeklagt, der mit eben dieser Begründung, dass nämlich ein Zurückbehaltungsrecht besteht, gefordert wurde.
Auch der Versuch, der im Schreiben vom 17.11.2005 unternommen wird, dass nämlich ein separates Feststellungsinteresse für den Klageantrag besteht, weil zu befürchten ist, dass künftig, ohne die Feststellung eines Zurückbehaltungsrechtes für die Klägerin, neue Streitfragen auftauchen, die zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen können, geht deshalb fehl, weil § 256 ZPO fordert, dass ein Rechtsverhältnis festgestellt wird und an der alsbaldigen Feststellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür gegeben ist. Dies ist im vorliegenden Falle zum einen deshalb nicht gegeben, weil die zu beantwortende Frage kein Rechtsverhältnis i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO darstellt, und zum anderen ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung fehlt, weil nicht erkennbar ist, welche weiteren Fragen zwischen den Parteien streitig werden könnten und bei der ungewissen künftigen Entwicklung, z. B. was den Gesundheitszustand der Klägerin anlangt, die Zusammensetzung der Belegschaft bei der Beklagten zu 1) usw., nicht festgestellt werden kann, dass der Klägerin auf Dauer ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Es darf nicht verkannt werden, dass dann, wenn die handelnden Personen, so die Vorwürfe der Klägerin zutreffend sein sollten, künftig ihr Verhalten ändern sollten, die Klägerin arbeitsfähig werden sollte, kein Grund für eine Zurückbehaltung mehr besteht und dann, wenn die Personen ihr Verhalten nicht ändern sollten, die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig bleiben sollte, eine derartige Feststellung keinerlei rechtliche Auswirkung haben kann.
Nach dem Vorstehenden ist deshalb die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und ihr die Kosten für dieses Berufungsverfahren aufzuerlegen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht hat die Berufungskammer deshalb zugelassen, weil sie eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung i. S. d. § 74 Abs. 2 ArbGG ausmacht.
Ende der Entscheidung
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